Ruf nach Streitkultur

Aus dem Innenleben von Frauenprojekten


Die meisten Frauenprojekte sind erfolgreich. Manche scheitern auch. Und manche scheitern, weil irgendein frauenspezifischer Wurm drin zu sein scheint. Klar, die Stammtische wußten schon immer, daß Frauen einander die Augen auskratzen. Aber was ist da wirklich los?

Claudia Koppert hat verschiedene Aufsätze von sehr unterschiedlichen Frauen zusammengestellt: Autobiografisches aus dem Courage-Kollektiv, aus akademischen Berufen, aus dem journalistischen Bereich, einen psychoanalytischen Erklärungsansatz, den Erfahrungsbericht Gisela Clausens aus der Supervision von Frauenprojekten, Beiträge aus der Entwicklungsarbeit in Nigeria, aus der iranischen Opposition und von diversen Grenzgängerinnen zwischen Projektarbeit und Establishment.

Da geht es um Schwierigkeiten, sich produktiv und offen auseinanderzusetzen; Probleme werden personalisiert. Da fällt es schwer, andere Frauen mit besonderen Ressourcen als Bereicherung für die gemeinsame Arbeit zu empfinden. Schuldgefühle hindern andererseits daran, selber zu einer exponierten Position zu stehen und ihren Statusvorteil zu nutzen (Sogar die Autorinnen besetzen den Begriff Konkurrenz unterschiedlich). Und Erfahrung, Wissen und Qualifikation werden noch viel zu wenig tradiert. "Schließlich haben Frauen viel weiterzugeben, und muß denn jede zweite oder dritte Generation die Frauenbewegung neu erfinden?" (Metz-Göckel).

Es werden auch positiven Erfahrungen geschildert. Die wenigsten stammen aus deutschen Projektgruppen, und sie lassen sich auch kaum übertragen. Aber jeder Beitrag enthält zumindest Angebote, die eigenen Verhaltensmuster von einem neuen Standpunkt aus zu betrachten und zu überdenken.

Karin Ayche

Claudia Koppert (Hgin.), Glück, Alltag und Desaster - Über die Zusammenarbeit von Frauen, Orlanda Frauenverlag 1993, 259 Seiten, DM 32,00